Chronik.
Geschichte der Villa Frübing.
Ilmenau war Ende des 19. Jahrhunderts Kurort („Bad Ilmenau“) geworden und bot vor allem Kaltwasserbäder an. Im Südwesten der Stadt entstand das Südviertel mit Kurpark, Kurhaus und einem zusätzlichen Bahnhof (Bahnhof Bad) am Beginn des Ilmtals. Die entstehenden Villen boten vielfach Platz für Kurgäste.
Das Haus Goetheallee 18 wird im Jahre 1912 als Einfamilien-Landhaus nach den Plänen des Ilmenauer Architekten Richard Schmidt erbaut. Die Baukosten betragen 25.320 Mark. Bauherr ist der Bürgerschullehrer Alfred Frübing (1881 – 1950) aus Eisenach mit seiner Ehefrau Josephine Frübing, geborene Menzel (1880 – 1969) aus Ostheim vor der Rhön. Aus der Ehe von Josephine und Alfred Frübing gingen 3 Söhne hervor, von denen einer im zweiten Weltkrieg verstarb.
Richard Schmidt
Richard Schmidt studierte von 1905 bis 1907 am Kyffhäuser-Technikum in Bad Frankenhausen. Von 1910 bis zu seinem Tod im Jahre 1924 ist er in Ilmenau als selbständiger Architekt tätig. Er entwirft und baut zahlreiche Wohn- und Gewerbebauten in Ilmenau und Umgebung, unter anderem die Gemeindeschule in Schmiedefeld (1913), das Pensionshaus Villa Conradshöhe in Manebach (1912?), das Nachbarhaus (Doppel-Landhaus) Goetheallee 14/16 (zwischen 1912 und 1914), zahlreiche Wohnhäuser (Siedlung?) in Schmiedefeld (etwa zu Beginn des ersten Weltkriegs), sowie sein Wohnhaus in der Naumannstraße 3 in Ilmenau (1923).
Von 1913 bis zum Kriegsausbruch 1914 gibt Richard Schmidt die Zeitschrift „Das Haus der Neuzeit“ heraus. Im Heft 1, Jahrgang 1 (1913) findet sich ein Foto sowie die Grundrisse des Hochparterres und des Mansardgeschosses des Hauses Goetheallee 18.
Die von Richard Schmidt entworfenen und gebauten Häuser sowie die von ihm herausgegebene Zeitschrift weisen ihn als einen Vertreter der vor dem ersten Weltkrieg in Deutschland wirksam werdenden Schule des Deutschen Werkbundes aus.
Die Villa Frübing ist eines der schönsten Häuser im Südviertel. Die Familie bewohnt hauptsächlich die Wohnung im Hochpaterre. Im Mansardgeschoß (Obergeschoß) betreiben Alfred und Josephine eine Pension mit 6 Zimmern für Ilmenauer Kurgäste.
Alfred Frübing stirbt im Jahre 1950. Seine Frau bewohnt das Haus noch bis zum Ende der Fünfziger Jahre. Sie verstirbt 1969.
1994 wird der Grabstein von Alfred und Josefine Frübing durch seinen der Enkel Peter Frübing auf das Grundstück umgesetzt, wo er auch heute noch zu sehen ist. Es erinnert auch an den im 2. Weltkrieg gefallenen Sohn.
Seit den 1950er Jahren wird bereits ein Teil der Räume des Hauses vermietet. Die Mieteinnahmen aus den beiden Wohnungen in Hochpaterre und im Mansardgeschoß decken bei weitem nicht die Kosten für die Erhaltung des Hauses, und während der Zeit der DDR wird es für private Vermieter immer schwieriger, Baufirmen zu beauftragen und Baumaterial zu erhalten. Bereits kurz nach dem Krieg muß die Schwerkraft-Zentralheizung aufgegeben werden, in den Wohnräumen werden Kachelöfen gesetzt. Zwar können 1983 die Fassade des Hauses renoviert und die Schornsteinköpfe sowie das Dach mit einem Kostenaufwand von 18.000 Mark der DDR repariert werden, dennoch entsteht ein beträchtlicher Sanierungsstau am Gebäude und in den beiden Wohnungen.
Im Jahre 1990 erbt der Enkel von Josefine und Alfred, Peter Frübing aus Potsdam, das Haus. Er veranlaßt die Aufnahme des Hauses in die Denkmalbuch des Landes Thüringen als ein Architekturbeispiel des Werkbund-Stils. Denkmalwürdig sind insbesondere das Dach und die Fassade des Hauses mit der gefliesten Eingangsloggia und den Sprossenfenstern sowie die Treppenanlage, die Türen und ein Kachelofen im Mansardgeschoß, die weitgehend original erhalten sind.
In den folgenden Jahren werden dringende Erhaltungs-maßnahmen durchgeführt. Sie umfassen den Einbau von Gas-Etagenheizungen im Hochparterre und im Mansard-geschoß und Sanierung der Schornsteine (1991), Kosten 38.000 DM, die Sanierung der Kelleraußenwände (Erneuerung der vertikalen Sperre, Einbau einer Dränage und Erneuerung der Regenwassereinläufe) (1994), Kosten 25.000 DM, Dachreparaturen sowie die Wiederherstellung des Originalzustandes des Daches des Treppenturms nach dem Foto aus dem Jahre 1913 (1995), Kosten 26.000 DM. Die Finanzierung erfolgt über Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Dennoch besteht Ende der 90er Jahre weiterhin hoher Sanierungsbedarf (Dach, Fußböden, Fenster, Keller, Sanitär- und Elektroinstallation).
Im Jahre 2000 verkauft Peter Frübing das Haus. Die Ausbaupläne des Käufers, insbesondere für das Dachgeschoß scheitern am Widerstand der Denkmalschutz-Behörde. Um das Jahr 2000 ziehen die letzten Mieter aus, das Haus steht leer und beginnt zu verfallen.
Im Jahre 2010 wird das Haus weiter verkauft. Die neuen Eigentümer lassen es aufwendig und denkmalgerecht sanieren (Architekt: Jan Jaenecke, Dresden) und bewohnen es seit 2011 mit ihren Kindern. Die Sanierung wurde mit dem Denkmalpreis des Ilm-Kreises 2012 ausgezeichnet.
Im Zuge der Sanierung entsteht im Sockelgeschoß in den Räumen der ehemaligen Waschküche und der Bügelstube eine Ferienwohnung, die 2012 eröffnet wird. Damit ist die Villa Frübing 100 Jahre nach ihrer Erbauung wieder ein Gästehaus für Besucher von Ilmenau. Zu den ersten Gästen zählt auch einer der Söhne von Alfred und Josefine Frübing.
Im Jahr 2019 erwerben die jetzigen Besitzer, Annekathrin und Olaf Henke, beide gebürtige Ilmenauer, die Villa Frübing. Von Annekathrin wird die liebevoll eingerichtete Ferienwohnung bis heute weiter betrieben.